Leben im Outback – ein Interview

Wir wohnen und arbeiten ja zur Zeit auf einer Rinder- und Schaffarm im Outback von New South Wales, ca. 2,5 Stunden nördlich von Broken Hill. Es gibt hier außerhalb der paar Meter um das Wohnhaus keinen Telefon- oder Internetempfang (auch nicht in unserem Container 😉 ) und der nächste Nachbar ist ungefähr 20 km weit weg – wenn man als „Nachbarn“ die unzähligen Kängurus und Emus nicht mitzählt, die wir jeden Tag sehen. Für uns ist das eine außergewöhnliche Erfahrung und endet nach ungefähr 3 Monaten wieder, für Ruth, unsere Chefin, ist es Alltag.

Ruth und ihr Mann Jon leben schon seit den 80er Jahren hier auf dieser Station und es war bestimmt nicht immer leicht, vor allem in den ersten Jahren. 3 Kinder haben sie hier groß gezogen und sind mittlerweile auch schon Großeltern. Wir haben zusammen mit unseren Lesern Fragen zum Thema „Leben im Outback“ gesammelt und sie Ruth gestellt, dabei rausgekommen sind viele interessante Antworten.

Viel Spaß beim Lesen! 🙂

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Pimpara Lake Outback Station

 

Fangen wir mit ein paar Allgemeinen Fragen zum Outbackleben an:

 

  • Warum hast du dich entschieden eine Farm mitten im Outback zu kaufen und dort zu leben?Als Jon und ich noch jung waren (Anfang/ Mitte 20) haben wir beschlossen eine eigene Station zu besitzen. Als Jons Vater starb hinterließ er etwas Geld für den Start, aber noch nicht genug, so mussten wir uns etwas mehr leihen. Das Land in NSW war zu diesem Zeitpunkt viel billiger als in South Australia, wo wir her kamen. Wir haben uns umgeschaut nach einem Land welches halbwegs erschwinglich war und fanden dann „Pimpara Lake“ wir kauften es und zogen mit unserem Sohn (damals noch ein Baby) hierher.
  • Wie sieht dein täglicher Tagesablauf als Farmersfrau aus?Ich denke es gibt keinen richtigen „Tagesablauf“. Jeder Tag hier ist anders, es gibt immer andere arbeiten in denen ich auch mit einbezogen werde. Am Morgen starte ich den Tag mit etwas Hausarbeit und plane was wir zum Abendessen haben! Danach tue ich das was getan werden muss. Ich mag „Projekte“ die mich interessieren, so wie die Gebäude zu renovieren (zb. die Scherer Unterkunft und den Wohncontainer). Ich rede auch gern mit anderen Familienmitgliedern jeden Tag… und an den Tagen an denen alles ruhig läuft, geht irgendwas schief, so wie an diesem einen Tag als der Traktor kaputt gegangen ist und ich mich um die Ersatzteile kümmern musste
  • Was machst du in deiner Freizeit (oder hast du gar keine, weil: arbeiten – essen – schlafen)?Ich habe Freizeit (wenn ich es schaffe), dann mag ich es spazieren zu gehen, Vögel beobachten und fotografieren. Dieses kann zu einer ziemlichen Herausforderung werden und man muss wirklich üben um das perfekte Foto zu bekommen. Ich benutze Facebook um mit dem Rest der Welt über unser Gelände zu kommunizieren und sporne Leute an, unsere Farm zu besuchen. Es ist sowohl Arbeit als auch Erholung.
  • Ist es manchmal einsam?Früher in den Anfangszeiten war es manchmal einsam, das Telefon hat nicht wirklich gut funktioniert und wir hatten nicht das nötige Geld um oft Leute zu besuchen. Ich stand meiner Mutter sehr nahe und habe Sie vermisst. Heutzutage funktioniert das Telefon und Internet besser, sodass man besser in Kontakt bleiben kann und selbst ohne, glaube Ich nicht dass ich der Einsamkeit verfallen würde. Wir haben eine Menge Hunde, welche gute Begleiter sind, aber ich bin auch froh ein Teil dieser Farm zu sein und genieße alles damit verbundene. Ich mag es neue Leute kennenzulernen, sich mit ihnen zu unterhalten, aber wenn niemand hier ist, ist das auch nicht schlimm. Manchmal ist es ganz gut seine Ruhe zu haben.
  • Wie weit wohnt deine beste Freundin entfernt?Ich weiß nicht ob ich eine „beste“ Freundin habe. Ich habe einige gute Freunde, eine lebt in Sydney, eine in Seattle und die andere 2 Stunden entfernt.
  • Wie ärgerlich ist es für dich, etwas beim einkaufen zu vergessen?Ich bin sauer mit mir selbst, aber das ist kein Grund zu sehr angespannt zu sein. Man muss einfach Alternativen finden und bis zum nächsten Mal warten.

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    3 von 8 Hunden (von hinten nach vorne: Bango, Bell und Andrew) Bell ist die Mutter von Andrew und Bango

Familienleben und Schule im Outback

 

  • Wie oft siehst du deine Familie?Wir kommen Ende des Jahres zu Weihnachten und Silvester zusammen. Ansonsten sehe ich meine Töchter ein paar Mal während des Jahres. Unser Sohn David lebt dichter dran als die Mädels und wir können Ihn alle paar Wochen mal sehen. Wir arbeiten sogar manchmal zusammen zum Schafe treiben während der Scherzeit.
  • Wie kann man sich eigentlich im Outback verlieben (bei den wenigen und weit entfernten Veranstaltungen wie Feste)?Jon und ich waren schon verheiratet als wir hergekommen sind, das ist etwas anderes, aber ich denke junge Leute finden die Zeit zu den Veranstaltungen zu gehen, die im Busch oder in der nächstgrößeren Stadt (Broken Hill) stattfinden. Offensichtlich scheint es ja auch zu funktionieren, weil viele verheiratet sind.
  • Wie werden die Kinder unterrichtet?Die Kinder wurden in den ersten 7 Jahren zuhause unterrichtet, quasi die Grundschule. Man bekommt Schulmaterial per Post aus Adelaide. Unser Tag begann normal wie bei anderen Kindern die zur Schule gehen, nur das wir halt kein Klassenraum in diesem Sinne hatten. Ab und zu hassten die Kinder die vorgegeben Aufgaben aus Adelaide, also musste ich improvisieren um die Kinder bei Laune zu halten. Es ist wirklich nicht einfach eine Mutter zu sein und die eigenen Kinder zu unterrichten, aber was muss dass muss. Ich habe das 16 Jahre lang gemacht.
  • Wie schwer ist es für dich gewesen, die Kinder später zur Schule in die Stadt zu schicken und zu wissen, sie eine Zeitlang nicht wieder zu sehen?Die Kinder später aufs Internat zu schicken ist sehr hart. Die Kinder hassten es, Jon hasste es und ich hasste es. Unsere Herzen brachen jedes mal, vor allem weil sie ja erst 12-13 Jahre alt waren. Sie kamen ungefähr alle 5 Wochen für 1-2 Nächte nach Hause und alle 10 Wochen hatten sie Ferien. Das heißt also viel Reisen – nach Broken Hill oder sogar Adelaide.

    Schafherde schwarz weiß

    Schafherde

Medizinische Versorgung im Outback – ein bisschen anders als gewohnt

 

  • Was passiert wenn jemand schwer krank wird oder sich ernsthaft verletzt?Wenn sich jemand verletzt oder wirklich krank wird, rufen wir den Royal Flying Doctor Service. Das mussten wir schon ein paar Male machen. Der Doktor entscheidet ob der Patient weggeflogen wird oder ob es reicht ihn mit Medikamenten zu behandeln, welche wir bei uns haben. Wir haben eine Box in der eine Auswahl an Medikamenten vorhanden ist. Angefangen von Antibiotika bis hin zu Betäubungsmitteln, Herztabletten usw, diese sind meistens die gängigsten bei allen Krankheiten. Wir mussten schon einige Male Patienten „evakuieren“: Davids Freund wurde von einem Motorrad von einem Känguru geboxt und brach sich dabei das Bein, ein Scherer hatte Nierensteine und musste ins Krankenhaus gebracht werden. Der RFDS ist aber auch ein praktizierender Arzt in abgelegenen Kliniken. Vor 20 Jahren hatte ich Krebs und einige Behandlungen wurden vom fliegenden Arzt durchgeführt und viele der Medikamente per Flugzeug geliefert, das meiste aber musste in Adelaide durchgeführt werden, wo ich insgesamt 2 Monate war. Das war sehr hart….jeden Tag Radiotherapie und zur selben Zeit Chemo. Ich war das ganze Jahr über krank.
  • Denkt man oft daran, das medizinische Hilfe zu spät kommen könnte?Ja, es ist gut möglich das Hilfe nach einem Unfall zu spät kommt – das kann passieren.
  • Wie ist die allgemeine Gesundheitsversorgung geregelt (wie die Untersuchungen bei Schwangerschaft, Kinderimpfungen, Vorsorgeuntersuchungen)?Wir können entweder nach Broken Hill oder Tibooburra zu einem Doktor, dort machen wir auch Vorsorgeuntersuchungen.
  • Wie gehst du mit den Gefahren im Outback, wie Feuer und giftige Tiere, um?Zum Glück ist das nicht so gewöhnlich…Wenn wir giftige Schlangen weit weg vom Haus sehen, lassen wir sie einfach, aber sind sie im Garten, in der Garage oder sogar im Haus, dann töten wir sie….Das ist traurig, aber sie sind halt sehr giftig und können tödlich für uns enden, das Gift ist vielleicht schneller in deinem Körper verteilt, als Hilfe kommen könnte.
  • Was macht ihr, wenn die Tiere – vor allem die Hunde – schwer krankt werden oder verletzt sind?Ich behandele die Tiere wenn ich es selbst kann, aber ab und zu muss man zum Tierarzt. Wir mussten bisher Hunde, Katzen und sogar ein Pferd zum Tierarzt bringen. Manchmal haben wir auch Schafe die von wilden Dingos gebissen wurden und infizierte Wunden haben. Normalerweise habe in Antibiotika um es den Tieren zu geben. Wir hatten mal einen kranken Bullen welcher eine dicke Injektion bekam – er hasste mich dafür.

    royal flying doctor service Flugzeug

 

Und das wichtigste zum Schluss

 

  • Würdest du dein Leben tauschen und eine anderes führen wenn du könntest?Nein, ich möchte nicht irgendwo anders leben wollen. Ich liebe es zu reisen, aber zuhause ist es halt am schönsten.

Sonnenuntergang Outback

Fällt dir noch eine Frage ein die wir hier nicht beantwortet haben? Dann schreibe uns doch eine Nachricht oder einen Kommentar und wir werden sie so schnell wie möglich versuchen zu beantworten.

 

 

Denny und Sarah

Über Denny und Sarah

Moin, moin! Wir sind beide Anfang 30 und haben von 2015 bis Ende 2016 Australien auf dem Work and Holiday Visum bereist. Wir sind in Perth gestartet und einmal um das Land herum gefahren, bzw. auch durch die Mitte. Wir haben regelmäßig über unseren Trip berichtet und auch über andere Länder in denen wir herumgereist sind. Nun sind wir seit Ende Dezember 2016 auf dem 457 Visum in der Nähe von Perth gelandet und wieder im Alltag angekommen. Wir wünschen euch viel Spaß beim lesen und über Feedback freuen wir uns auch. Solltet ihr Fragen oder Anregungen haben, schreibt uns gerne eine Nachricht.
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11 Antworten zu Leben im Outback – ein Interview

  1. Bettina schreibt:

    Hi! Sehr spannender Artikel – herzlichen Dank für eure Arbeit. Darf ich die Kontaktdaten vom Outback? Herzlichen Dank!

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  2. Marion schreibt:

    Ein sehr schöner Artikel,hat uns sehr gut gefallen

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  3. Klaus Reuss schreibt:

    Hallo Denny und Sahrah,
    ganz toller Artikel. Es freut mich immer, mehr über die Menschen und das Leben in einem Land zu erfahren. Und für mich persönlich auch interessant, da wir selbst planen, uns auf einer Farm weit draußen niederzulassen und dort ein Leben aufzubauen. Auch wenn der Amazonas fast am entgegensetzten Ende der Welt ist, sind viele der angesprochenen Punkte doch auch für uns interessant.
    Liebe Grüße
    Klaus

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  4. Fratuschi schreibt:

    Das ist für mich ein super Artikel, denn ein Leben im Outback habe ich mir schon oft vorgestellt. Danke dafür!

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  5. daggibuchholz schreibt:

    Das war sehr interessant und ausführlich beantwortet!

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